Grüne Architektur: Wie Pflanzenfassaden das Stadtklima verbessern

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Nachhaltiges Bauen stellt heute kein Nischenthema mehr dar. Angesichts der zunehmenden Hitzewellen, der hohen Feinstaubbelastung und der wachsenden Urbanisierung rückt in diesem Kontext vor allem die Frage in den Fokus: Wie können Städte lebenswerter gestaltet werden?

Eine Lösung bietet die grüne Architektur – insbesondere in Form von begrünten Fassaden. Diese innovative Bauweise kombiniert Ästhetik mit funktionalem Umweltschutz und bringt zudem zahlreiche Vorteile für das Stadtklima mit sich.

Begrünte Fassaden als natürliche Klimaanlagen

Städte sind durch dichte Bebauung und versiegelte Flächen wahre Hitzeinseln. Im Sommer heizen sich Beton, Glas und Asphalt tagsüber stark auf und geben die gespeicherte Wärme nachts wieder ab. Dies wird auch als sogenanntes Urban Heat Island (UHI)-Phänomen bezeichnet. Fassadenbegrünungen bieten gegen dieses eine natürliche Lösung: Sie spenden Schatten, verdunsten Wasser und senken dadurch die Umgebungstemperatur.

Laut einer Studie der Technischen Universität München kann eine bewachsene Fassade die Temperatur an der Wandoberfläche um bis zu 15 Grad Celsius reduzieren. Das hat nicht nur positive Effekte auf das Stadtklima, sondern auch auf das Innenraumklima der Gebäude. In Folge müssen Klimaanlagen seltener eingeschaltet werden, was den allgemeinen Energieverbrauch senkt.

Zahlreiche Pflanzen bringen sogar besonders interessante Eigenschaften, die über die reine Begrünung hinausgehen. So enthält etwa die Hanfpflanze THCA, den Wirkstoff in Cannabis. Hanf wird zwar vorrangig für textile oder bauliche Zwecke genutzt, könnte künftig jedoch auch als multifunktionale Pflanze eine Rolle in nachhaltigen Architekturkonzepten spielen.

Luftfilter, Lärmschutz und Artenvielfalt – Mehr als nur Grün

Neben der Temperaturregulierung tragen begrünte Fassaden maßgeblich zur Luftqualität bei.

Die Pflanzen filtern Feinstaub, Stickoxide und CO₂, die besonders in Städten durch Verkehr und Industrie freigesetzt werden. Studien zeigen, dass eine mit Efeu oder Wilder Wein bepflanzte Fläche von 10 Quadratmetern jährlich bis zu 500 Gramm Feinstaub binden kann – ein wertvoller Beitrag zur Reduzierung gesundheitsschädlicher Luftverschmutzung.

Gleichzeitig zeigen Pflanzenfassaden eine schallabsorbierende Wirkung. Sie dämpfen Straßenlärm um bis zu 10 Dezibel, was besonders in stark befahrenen Stadtgebieten einen erheblichen Unterschied macht. Doch nicht nur Menschen profitieren von grünen Fassaden – sie bieten auch einen wichtigen Lebensraum für Insekten und Vögel, wodurch die Biodiversität im urbanen Raum gefördert wird.

Welche Pflanzen eignen sich für Fassadenbegrünungen?

Die Auswahl geeigneter Pflanzen hängt sowohl von der Ausrichtung der Fassade als auch den klimatischen Bedingungen und der gewünschten Wirkung ab. Grundsätzlich wird eine Unterscheidung zwischen boden- und wandgebundenen Begrünungssystemen vorgenommen.

  • Kletterpflanzen mit Haftwurzeln: Efeu oder Wilder Wein haften direkt an Wänden und benötigen keine Rankhilfen. Sie sind pflegeleicht und besonders für bestehende Gebäude geeignet.
  • Rankpflanzen mit Kletterhilfen: Clematis, Blauregen oder Geißblatt benötigen Spaliere oder Seilsysteme. Diese Methoden ermöglichen eine gezielte Steuerung des Pflanzenwachstums.
  • Vertikale Pflanzsysteme: Die modernen Begrünungssysteme bestehen aus modularen Elementen mit integrierter Bewässerung. Sie erlauben somit auch die Bepflanzung von Hochhäusern oder Innenräumen.

Als besonders effektiv zeigen sich Pflanzen mit einer dichten Blattstruktur, da sie eine größere Verdunstungsleistung und Feinstaubbindung aufweisen. In Städten mit starken Temperaturschwankungen werden zudem zunehmend winterharte Arten bevorzugt, die auch in kalten Monaten ihre Funktion erfüllen.

Die Herausforderungen sind nicht zu unterschätzen

Trotz der vielen Vorteile gibt es nicht zu unterschätzende Herausforderungen, wenn es um die Umsetzung von Fassadenbegrünungen geht.

Wichtige Faktoren wie Statik, Wasserversorgung und Pflegeaufwand müssen sorgfältig geplant werden. Während sich bodengebundene Begrünungen relativ pflegeleicht zeigen, erfordern wandgebundene Systeme außerdem ein regelmäßiges Monitoring und gegebenenfalls technische Bewässerungslösungen.

Viele Städte erkennen jedoch das Potential von Pflanzenfassaden und bieten mittlerweile Förderprogramme für Bauherren und Unternehmen an. So unterstützt etwa die Stadt Wien Begrünungsmaßnahmen mit Zuschüssen von bis zu 5.200 Euro pro Gebäude. Auch deutsche Städte wie München und Hamburg haben ähnliche Förderungen ins Leben gerufen.